Im Forschungsprojekt wollen wir einen kantischen Begriff von Menschenrechten verteidigen, der auf die Freiheit des Menschen rekurriert und daraus zugleich ein Menschenrecht auf Bildung ableitet. Demnach sind Menschenrechte, erstens, moralische Rechte, die zwar universal und geltungstheoretisch unabhängig vom positiven Recht eine trumpfende normative, unverlierbare Geltung haben, die anders aber als diejenigen moralischen Rechte, die sich aus individualethischen Pflichten ergeben, einen institutionellen Leistungserbringer und äußeren Zwang erfordern, wodurch das Recht einklagbar und (zeitgebunden) umsetzbar ist. Kantisch ist ein solcher Begriff insofern, als Moral sowohl aus individualethischen Normen (Ethik) wie aus rechtlich-politischen, zwangsbewehrten Normen (Recht) besteht, wobei letztere dennoch eine naturrechtliche Basis haben. Eine kantische Philosophie von Bildung als Menschenrecht basiert, zweitens, auf dem Begriff von Autonomie und Würde. Diese Würde hat zwei Ebenen: Sie ist jedem Menschen als Angehörigen der (nicht-biologisch verstandenen) Spezies aller zur Autonomie befähigten Wesen als absolut zueigen; und sie ist zugleich der Wert, den Menschen sich selbst durch sich selbst geben und geben müssen, so dass dieser Wert graduierbar ist. Drittens werden wir die daraus resultierenden staatlichen Pflichten als enge (negative) Unterlassungspflichten (gegen Exklusion) und weite (positive) Begehungspflichten (für Inklusion) verstehen, wobei die weiten Begehungspflichten aber nicht als schwache, sondern starke Pflichten gedeutet werden, sofern sie ein basales menschliches Gut schützen (Freiheit und a fortiori Bildung), angemessene Forderungen sind und einen klaren Adressaten haben. Auf diesen Grundlagen in Verbindung mit der Leitidee, dass Bildung ein normativ aufgeladenes Selbst-, Fremd- und Weltverhältnis des Menschen ist, das die Fähigkeiten zur Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität beinhaltet, soll Bildung als Arbeit am Entfaltungs- und Selbstbestimmungswissen freier Akteurskausalität verstehen: Menschen bedürfen der Bildung, um ihre Potentiale als frei erkennende und frei handelnde Wesen zu entfalten (Entfaltungswissen); zugleich bedürfen sie eines hinreichend großen Wissens im Sinne eines Wissen-dass und Wissen-wie, um sich in ihrer Welt orientieren und autonome Entscheidungen treffen zu können (Selbstbestimmungswissen).